Norwegen Teil 5: Die Lofoten

Einige Zeit ist seit meinem letzten Blogbeitrag vergangen und wir haben viel erlebt. Nach vielen weiteren Fahrstunden kommen wir auf der bekanntesten Inselgruppe Norwegens, den Lofoten, an. Leider hat sich Yvonne am vorletzten Tag in Flatanger an der Schulter verletzt und wir verbringen noch einen Wandertag im Borgefjell-Nationalpark. Glücklicherweise erweist sich die Verletzung als nicht sehr langwierig und nach einer Woche können wir wieder zu dritt klettern. Die Lofoten, bekannt für ihre grandiose Kulisse aus Sandstränden und hohen Bergen, erreicht man von Süden kommend mit der Fähre. Für Kletterer ist die Strecke von Skutvik nach Svolvaer eine gute Alternative, so gelangt man schnell in den Klettererstützpunkt Henningsvaer. Ein hübsches Städchen, das auf einigen vorgelagerten Inseln liegt und auf jeden Fall einen Besuch wert ist. Das Wetter ist eigentlich unglaublich, mehrere Tage lang klettert das Thermometer über 25°.

Nicht Karibik, nicht Mittelmeer sondern Norwegen

Die Inseln von Henningsvaer und die Lofoten im Abendlicht

In der 8. und besten Seillänge von Vestpillaren direkt

Klettern bei Henningsvaer

 

Die in Cadarese (Norditalien) gesammelte Erfahrung mit dem Trad-Klettern zeigt hier ihren Nutzen. Es gibt so gut wie keine Hacken, alles ist zum selber absichern. Der zweite Unterschied zu den bisherigen Kletter-Aktivitäten ist, dass es hier mehr Langtouren gibt und die auch der Grund sind, warum man hier klettert. Den Auftakt machen wir mit einer der bekanntesten Touren, Gandalf, am gleichnamigen Berg. Das Absichern ist eigentlich kein Problem, doch schnell wird klar, dass auch die Stände nicht gebohrt sind. In den kurzen Touren am Gandalf lässt sich das aber meist mit einer Schlinge um einen Block lösen. In den leichteren Schwierigkeitsgraden bietet die Wand einiges und die Touren sind wirklich gut.

Um das gute Wetter zu nutzen entscheiden wir uns, am nächsten Tag gleich in Bernds großes Ziel einzusteigen, Vestpillaren direkt (6+, auch das kann ganz schön schwer sein). Die 12 SL-Tour ist der große Klassiker am Presten und optisch sehr ansprechend. Um der Sonne zumindest teilweise auszuweichen (normal heißt es, man soll dem Schatten ausweichen) starten wir früh und außer zwei Locals, die die Tour rauf rennen, ist erstaunlicherweise niemand da. Die ersten fünf Seillängen laufen gut, die Stände sind gebohrt und bis hier kann man abseilen. Doch dann zeigt sich, dass sich unsere Erfahrung beim Standbau in Grenzen hält. Wir brauchen sehr lang und mein Vertrauen in Hängestände an Friends hält sich in Grenzen. Nach 7,5h und total platt (zumindest ich), aber glücklich, kommen wir oben an. Das Fazit: Eine geniale Tour mit toller Kletterei und harter Bewertung, die für Ungeübte aber ziemlich anspruchsvoll ist.

Am nächsten Tag machen Yvonne und Bernd eine Tour auf die markante Svolvaergeita über Svolvaer und nach einem weiteren Tag fahren wir in den Süden der Inseln. Wer mal keine lang Tour machen will, findet bei Henningsvaer vereinzelt auch Sportklettertouren, selbstverständlich zum selbst absichern und oft ohne Umlenker. Das Gebiet Paradiset am Strand von Kalle zog uns nicht wirklich an.

Kurze Anmerkung zum Lofoten-Führer: Er ist besser als es auf den ersten Blick aussieht, die Topos passen ziemlich genau und auch nach der Bewertung kann man sich gut orientieren. Wenn man nicht ewig Zeit hat, ist es sinnvoll sich an den Top 50 zu richten.

Wir waren Ende Juli/Anfang August auf den Lofoten und ich muss sagen, es war ziemlich viel los. Beim Klettern war es kein Problem, auch wenn am Gandalf immer ein paar Seilschaften unterwegs waren. Völlig überlaufen waren der Strand von Kalle und die Wanderungen um Henningsvaer.

Flussseeschwalben (hier) und Küstenseeschwalben gibt es bei Henningsvaer viele

Die markante Svolvaergeita (die Ziege von Svolvaer) mit ihren zwei Hörnern

Die Südspitze

Zu den bekannten Sehenswürdigkeiten der Lofoten zählen im Süden auch das Fischerdorf A, Hamnoy und natürlich der Reinebringen. Wer hier ist, muss den Aufstieg unbedingt machen, es lohnt sich. Der Weg ist steil und Trittsicherheit auf jeden Fall erforderlich, aber der Blick nach einer knappen Stunde Aufstieg ist gigantisch. Zu sagen, dass es der schönste Ausblick auf den Lofoten ist, ist wohl kaum übertrieben. Auf der einen Seite der Atlantik, auf der anderen Seite zwei malerische Fjorde und dazwischen die vielen kleinen Inseln mit Hamnoy und Reine.

Auf der Rückfahrt nach Svolvaer sehen wir plötzlich eine große Menschenansammlung auf einer Brücke. Mehrere Dutzend Autos stehen provisorisch am Straßenrand und viele Menschen schauen gebannt aufs Meer. Der erste Blick aufs Wasser bestätigt die Vermutung: Wale. Mehrere große Finnen ziehen durchs Wasser, direkt auf die Brücke zu. Für Delfine sind sie viel zu groß und nach kurzer Zeit erkennt man auch die schwarz-weiße Färbung, es sind Orcas. Vier Schwertwale schwimmen unter der Brücke hindurch, drehen eine kleine Runde im Fjord hinter der Brücke und schwimmen gemächlich wieder Richtung Meer, beobachtet von weit über 50 aufgeregten Touristen. Ein äußerst beeindruckendes Erlebnis, wie oft das hier vorkommt weiß ich aber nicht.

Die charakteristischen Häuser von Hamnoy

Reinebringen, das Postkartenmotiv

Schwertwale direkt an der Straße bei Hamnoy

Dreizehenmöwe im Anflug auf die Brutkolonie

Eggum

Auf dem Weg zurück nach Henningsvaer liegt ein weiteres Klettergebiet, Eggum. Im Gegensatz zur restlichen Insel gibt es hier gebohrte Sportkletterrouten. Interessant ist die Felsstruktur, Lochkletterei im Granit und recht kurze und steile Routen. Ab 6c/7a gibt es davon auch einige wirklich gute, für die leichteren muss man hier nicht her kommen. Insgesamt hätte ich von Eggum etwas mehr erwartet, aber unter den schwereren Touren sind ein paar wirklich gute. Nach einem weiteren Tag in Henningsvaer ist Yvonnes Zeit leider zu Ende, sie fliegt von Leknes zurück. Nach einem sehr spannenden Morgen mit einer leeren Autobatterie und drei fehlgeschlagenen Starthilfeversuchen nimmt sie glücklicherweise ein Traunsteiner Ehepaar mit zum Flughafen. Glücklicherweise findet sich in Eggum eine sehr nette Frau, die uns zu Hilfe kommt und einige Minuten später läuft unser Auto wieder. Nach eineinhalb weiteren, teilweise verregneten, Tagen (14°, Wolken und ab und zu Regen ist die Wetterlage) in Eggum fahren wir weiter und verabschieden uns von der grandiosen Landschaft der Lofoten, die einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat.

Sonnenaufgang am Strand von Eggum (3.30 Uhr), zum Glück war Yvonne gerade wach

Perfekter Regenbogen, völlig aus dem Nichts

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.