Nach guten zwei Wochen sind wir nun an einem unserer Hauptziele angekommen: Flatanger. Die Erwartungen sind groß, es sollte das kletterische Highlight (zumindest für mich) und vielleicht auch der fotografische Top – Platz werden. Über das Wetter können wir uns nicht beklagen, auch wenn die Zahl der Mücken zugenommen hat.
„Fish is out! – Eagle is coming!“
Wer sich als Naturfotograf schon mal mit dem Thema Norwegen beschäftigt hat wird diesen Namen wohl schon einmal gehört haben, schließlich sind die Bilder, die bei ihm entstanden sind weltweit bekannt: The Eagle Man, Ole Martin Dahle. In der Schärenlandschaft von Flatanger bietet er Ausfahrten zu den Seeadlern an, die er seit 20 Jahren genau kennt. Und sie ihn mit seinem Boot natürlich auch. Einem routinierten Adler braucht Ole nur den Fisch zu zeigen und er weiß sofort, dass es in wenigen Sekunden eine kostenlose Mahlzeit gibt.
Der Seeadler ist nicht nur Deutschlands Wappenvogel, sondern mit einer Flügelspannweite von über 2 Metern auch der größte Adler Europas. Trotz seiner beeindruckenden Größe bewegt er sich beim Fischfang äußerst agil und kommt im Sturzflug auf den Fisch herabgeschossen. Aber auch andere Beute wie Enten, Gänse oder Aas im Winter, und natürlich auch Oles Fische verschmäht er nicht. Ohne das Engagement und die Touren für Fotografen des Eagle Man gäbe es wohl kaum 25 Seeadler – Paare vor der Küste von Flatanger.
Die Vorfreude, aber auch die Aufregung war groß. Werde ich auch die Bilder machen können wie ich es gehofft hatte? Wird das Licht gut? Bekomme ich das ohne Übung vom Boot überhaupt hin? Alle Fragen wurden mit einem klaren Ja beantwortet, die beiden Ausfahrten waren genial.
„Fish is out!“ kurz darauf „eagle is coming!“ und nur Sekunden später greifen die Krallen eines Adlers ein paar Meter vor dem Boot nach dem Fisch. Diese beeindruckende Szene wiederholt sich während der Ausfahrten immer wieder, sodass jeder zu den Bildern kommt, die er sich erträumt hat. Aber nicht nur mit seinen Adlern kennt Ole sich aus, auch fotografisch weiß er das Boot immer ins richitge Licht zu drehen um das Ergebnis zu perfektionieren. Die Ausfahrten gibt es immer im besten Morgen- und Abendlicht, optimal sind Brennweiten von 150mm – 400mm. Und natürlich sollte auch das Weitwinkel für die Möwen mit im Gepäck sein.
Denn die wissen natürlich auch wo sie hin müssen und haben über die Jahre ein enges Vertrauen zu Ole geschlossen. Vom Hafen weg und bis in den Hafen zurück ist das Boot von 10 bis 40 Möwen umgeben die ein solches Schauspiel vollführen, dass die Kameras eigentlich nie zur Ruhe kommen.
Die Ausfahrten sind für jeden Fotografen, der in der Gegend ist, ein absolutes Muss und ein unvergessliches Erlebnis. Zu unseren Gunsten verschob Ole die Touren noch um 2 Tage um das gute Wetter ausnutzen zu können. Eine Übersicht über die Angebote gibt es unter norway-nature.com .
Wenn auch nicht viel besser als die Insel Runde sind die beiden Seeadlertouren für mich das fotografische Highlight der ganzen Reise. Ein Fotograf auf Runde bezeichnete die Ausfahrten treffend mit „the best eagle – photography in the world“.
Das beste Sportklettergebiet Norwegens
Schon vor über 20 Jahren gab es in der „Cave“ von Flatanger, Hanshallaren, die ersten Routen. Doch erst in der letzten Jahren wurde sie international bekannt, auch aufgrund der beiden weltweit schwersten Touren von Adam Ondra: Change, 9b+ (2012) und Silence 9c (2017). Und nicht zu Unrecht wird die Höhle als eines der besten Sportklettergebiete weltweit bezeichnet, ab 7a reiht sich hier eine Weltklassetour an die Andere. Aber auch die leichteren Routen ab 6a sind auf jeden Fall lohnend. Das besondere an der etwa 100 Meter hohen Höhle ist die herausragende Felsqualität, brüchig oder abgespeckt gibt es nicht. , besseren Granit gibt es wohl kaum. Natürlich haben die meisten Routen einen überhängenden Charakter aber vor allem im französischen 7. Grad gibt es auch weniger steile Routen. Überraschenderweise ist oft nicht die Ausdauer das Problem, die Schwierigkeit beschränkt sich meist auf eine Einzelstelle.
Das einzige was fehlt ist eine Vielzahl an Routen. In der Höhle selbst gibt es ungefähr 100 Touren, doch außer ein paar am Campingplatz, die im leichteren Bereich auch nicht schlecht aussehen, gibt es darüber hinaus aber leider sehr wenig. Das liegt aber sicher nicht am fehlenden Potenzial, in der weiteren Gegend mangelt es nicht an Fels. Neben Sportklettergebiet wären hier auch Mehrseillängentouren möglich, einige Felsen sind mehrere 100 Meter hoch.
Die Atmosphäre am etwas primitiven Kletterer-Campingplatz ist sehr gut und man schließt schnell neue Bekanntschaften. Der nächste Ort ist in 5 km Entfernung Lauvsnes, ein kleines Fischerdorf mit Supermarkt, das das Zentrum von Flatanger ist.
Für mich ist Flatanger definitiv das beste Sportklettergebiet in Norwegen und wer zum Klettern nach Norwegen kommt sollte hier unbedingt einige Tage bleiben, schließlich gehört es nicht zu Unrecht zu den besten Klettergebieten Europas.
Ich will nichts beschönigen, deshalb muss auch unser aktuell größtes Problem genannt werden, das physisch eigentlich sehr klein ist, die Mücken. Die kleinen Biester, auch Knots, sind, wenn es Abend wird und kein Wind geht, überall, nach wenigen Minuten hält man es draußen kaum mehr aus. Sie beißen und machen das Kochen nicht unkomplizierter. Sie sind der bisher größte sichtbare Nachteil an diesem Land, gkücklicherweise lassen sie sich durch Rauch bekämpfen.
Natürlich gibt es in Flatanger nicht nur Seeadler, Kletterer und Mücken, die Gegend mit den vielen Schären (kleine Inseln) und den Granitwänden ist unglaublich schön und wieder ein ganz anderes Gesicht von Norwegen. Das wohl charakteristischste Tier der skandinavischen Länder gibt es hier recht häufig: Den Elch. Abends stehen die riesigen Tieren oft auf den Wiesen und grasen und lassen sich auch nicht durch Touristen, die sie aus dem Auto heraus fotografieren aus der Ruhe bringen. Nach drei Wochen Norwegen ging somit mein Wunsch, einen ausgewachsenen Elch zu sehen in Erfüllung.
Voll cool. Lasst es euch gut gehen und noch viele Klettermeter.
Lg Max